BGH-Urteil: Äste vom Nachbarn beschneiden

Selbst wenn der Baum seine Standfestigkeit verlieren könnte, dürfen überhängende Äste durch Grundstücksnachbar:innen nach verstrichener Frist abgeschnitten werden, wenn der:die Besitzer:in nicht tätig wird, es sei denn naturschutzrechtliche Beschränkungen sprechen dagegen. So entschied kürzlich der Bundesgerichtshof.

Der Nachbarschaftsstreit währt schon seit längerem. Unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze wächst seit rund 40 Jahren eine Schwarzkiefer und hat es mittlerweile zu stolzen 15 Metern Höhe gebracht. So ein Baum gedeiht natürlich in alle Richtungen und so ragen seit 20 Jahren Äste, von denen Nadeln und Zapfen herabfallen, auch auf das Nachbargrundstück.

Da dem Nachbarn dieser Zustand zunehmend missfiel, forderte er den Baumeigentümer auf, die Äste der Kiefer abzuschneiden. Ohne Erfolg. Nachdem er lange genug gewartet hatte und die von ihm gesetzte Frist verstrichen war, griff er selbst zur Baumsäge. Das wiederum aktivierte den Baumbesitzer. Er zog vor Gericht und klagte auf Unterlassung. Die Kiefer sollte oberhalb von fünf Metern nicht beschnitten werden, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass der Baum seinen Halt verliert. Bislang hatte der Mann die Richter auf seiner Seite.

Baumbesitzer ist verantwortlich für die Baumpflege

Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts Berlin auf. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung war längst überholt. Bereits am 14. Juni 2019 (Az: V ZR 102/18) hatte der BGH entschieden, dass nicht nur die unmittelbare Beeinträchtigung durch überstehende Zweige zählt, sondern auch deren mittelbare Folgen, wie der Abwurf von Nadeln und Zapfen. In beiden Fällen muss der Baumbesitzer nach § 910 BGB den Selbsthilfe-Beschnitt dulden.

Jetzt muss also das Berufungsgericht klären, ob die Nutzung des Nachbargrundstücks durch den Überhang beeinträchtigt ist. Ist das der Fall und wurde der Besitzer des Baums erfolglos unter Fristsetzung aufgefordert, den Überhang zu entfernen, dann darf der Nachbar von seinem Selbsthilferecht Gebrauch machen und den Baum beschneiden. Selbst wenn die Kiefer dadurch absterben könnte, hat er das Recht auf seiner Seite. Einzig und allein naturschutzrechtliche Regelungen, etwa Baumschutzsatzungen oder -verordnungen könnten ihn in seiner Handlungsmöglichkeit einschränken. Auch das muss das Berufungsgericht nun prüfen.

Die Bundesrichter wiesen zusätzlich darauf hin, dass die Verantwortung dafür, dass Äste und Zweige nicht über die Grenzen des Grundstücks hinauswachsen, bei den Eigentümer:innen des Grundstücks liegt, auf dem der Baum steht.

(BGH-Urteil vom 11.06.2021 – Az: V ZR 234/19)

 

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